meine Spitalzeit | 2. Woche
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12.5. 27+5 SSW |
Nun bring ich bereits wieder 760 g auf die Waage. Nach der Geburt bin ich bis auf 700 g abgerutscht, doch jetzt geht’s in mehr oder weniger grossen Schritten vorwärts. So Kleine wie ich brauchen etwa 2 Wochen, bis sie ihr Geburtsgewicht in etwa wieder erreicht haben – da kann ich mir ja problemlos noch ein paar Tage Zeit lassen. Zur Zeit krieg ich alle 2 Stunden 2 ml Milch, welche Mami zu Hause in grosser Menge abpumpt. Am liebsten mag ich die auf meinem Spezial-Wattestäbchen-Nuggi, den könnte ich stundenlang im Mund behalten, würde er mir nicht immer wieder rausfallen. Seit wenigen Tagen versuche ich auch, meine Augen zu öffnen um zu sehen, wie die Welt so ausschaut. Am Mittag hab ichs schon fast geschafft: Kurz nachdem Mami gegangen ist hab ich mein rechtes Aug einen Spalt weit aufgebracht. Papi hats gesehen und hat dies später ganz stolz Mami erzählt. Juhu, bald schon werde ich meine Mami und meinen Papi sehen können! |
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13.5. 27+6 SSW |
Heute Morgen um 6 Uhr war es soweit: Nun kann ich alle beide Augen öffnen und die grosse weite Welt vom Inkubator aus bewundern. Da ich aber sowieso noch fast nichts sehe, halte ich meine Augen doch lieber die meiste Zeit geschlossen. Und heute war noch ein anderer, grosser Augenblick: Ich durfte zum ersten Mal bei Mami kuscheln gehen. Mein Köpfchen lag auf ihrem Brustkorb und ich hörte den vertrauten Herzschlag und die bekannte Stimme von ganz nah wieder. Mit warmen Decken wurde ich wohlig eingepackt – nur mein Köpfchen ragte wie bei den Känguruhs oben raus. Daher nennen die das auch känguruhen. Das war schön, das wollen wir von jetzt an jeden Tag machen. Nur Luana hat uns ein wenig gestört: Sie hat ein grosses Theater abgelassen, als ich bei Mami kuscheln durfte. Papi musste mit ihr raus gehen und sie dort unterhalten. Tja – Mami kann nicht bei allen gleichzeitig sein. Das muss meine grosse Schwester noch lernen.
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14.5. 27+0 SSW |
Die Waage hat heute wiederum ein Gewicht von 760 g angezeigt, obwohl ich jetzt schon 12 mal 4 ml Muttermilch erhalte. Hab ich euch nicht gesagt, dass ich mir mit dem Zunehmen jede Menge Zeit lassen kann? Genau so mach ich das auch! Am Nachmittag durfte ich wieder bei Mami känguruhen. Da erhielten wir Besuch von einem der Kinderärzte. Er erzählte uns, dass sie in der Neonatologieabteilung des Frauenspitals ein bisschen ein Platzproblem hätten. Im Moment war jeder Platz mit einem kleinen Baby belegt. Falls sich noch ein weiteres Frühgeborenes dazu gesellen sollte, hätten sie kein freies Bettchen oder besser gesagt keinen freien Inkubator mehr. Also musste eines der Babies verlegt werden. Und da der Umzug ein Stressfaktor sein könnte, wurde dasjenige Baby auserwählt, welches den Transfer am besten bewältigen konnte. Und ratet mal, wer dieses Baby ist? Ich natürlich, halte ich mich doch seit Tagen äusserst stabil. Nach wie vor bin ich der Jüngste und Kleinste unter ihnen, aber die schlage ich alle mit links! Vor Freude machte ich mir gleich mein Windelchen voll und Mami, auf welcher ich nach wie vor wohlig lag, rümpfte, wohl ahnend, was ich soeben gemacht hatte, ihre Nase. Eine halbe Stunde nach dem Känguruhen kam dann der grosse Augenblick, und ich wurde über den Korridor zur Intensivstation des Kinderspitals gebracht. Den Umzug meisterte ich mit Bravour indem ich ihn ganz einfach verschlief. Und das soll Stress sein? Für mich keineswegs. Im Kinderspital warteten schon jede Menge Kinderkrankenschwestern auf uns. Sie wollten sich noch genauer mit Mami unterhalten; diese mochte aber nicht mehr so ganz, war sie doch schon ein ganzes Weilchen im Spital. Dafür wird sich schon ein ander Mal Gelegenheit bieten. |
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15.5. 27+1 SSW |
In meiner neuen Umgebung hab ich mich bereits gut eingelebt. Ich lieg zusammen mit Simea in einem Zimmer. Schon unsere Mamis lagen zusammen auf der Pränatalstation der Frauenklinik im gleichen Zimmer. Mami hat dies nach unserem Umzug gestern sofort den Schwestern gesagt, und so durfte ich gleich noch einmal umziehen – zu Simeli ins kleinere, ruhigere Zimmer. Das hat Mami wieder mal gut hingekriegt. Mir gefällts hier ganz gut, ist es doch weniger geläufig also noch auf der Neonatologie. Dort waren alle Monitore miteinander vernetzt. Und wenn mal eines der vielen Babies einen Atemaussetzer hatte, dann piepte es gleich auf allen Monitoren, damit die Schwestern immer von jedem Bett aus den Überblick bewahren konnten. Da war es ja bei der Vollbelegung fast klar, dass es ziemlich häufig gepiept hat. Hier im Kinderspital ist es viel ruhiger, insbesondere in unserem Zweibettzimmer. Heute hab ich zum ersten Mal einen Plastiknuggi erhalten und darauf herum gekaut, wie ein grosses Baby. Luana fand dies ganz lustig und hat von da an bei fast jedem Besuch nach den Nuggis Ausschau gehalten. Mami ist heute einkaufen gegangen und hat mir einen Body und ein flauschiges Mäuschen gekauft. Das Kuscheltierchen bringt sie mir jedoch nicht sofort mit. Sie will es zuerst noch waschen und anschliessend bei sich känguruhen, damit es ein bisschen nach Mami riecht. Da freu ich mich schon mal drauf, hoffentlich bringt sie mir dieses Tierchen schon bald mit. |
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16.5. 27+2 SSW |
Mami konnte für Luana keinen Babysitter auftreiben. Sie kamen mich deshalb heute beide zweimal besuchen; halt mal ohne känguruhen. Wenn meine grosse Schwester dabei ist und quängelt, dann kann Mami mit mir auf der Brust nicht einfach aufstehen und sich um die Grosse kümmern. Schade, diese Kuschelstündchen mögen Mami und ich beide ganz gerne. Hoffentlich kann das Mami künftig besser einrichten und mich täglich aus dem Glaskasten nehmen. Luana mag die Besuche bei mir ganz gerne. Zum einen natürlich, weil sie dann mich sehen kann wie auch die Simea aus dem Nachbarsbettchen vis-à-vis. Zum anderen aber auch, weil es in unserem Zimmer so viele schöne Bilderbücher gibt und sie diese, sei es alleine, sei es zusammen mit einer Schwester, so gerne anschaut. Das Büchlein mit dem Traktor und dem Bagger mag sie besonders gerne. Mal schauen, ob sie bis zu meinem Austritt die Geschichte auswendig kennt. |
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17.5. 27+3 SSW |
Jetzt hab ich doch mal ganz wenig an Gewicht zugelegt und wiege 770 g. Die Kinderärzte würden es lieber sehen, wenn die Waage mehr anzeigen würde. Ich hab euch aber schon mal gesagt, dass ich halt meine eigene Uhr habe und mich nicht nach den Statistiken richte. Das mit dem Gewicht wird schon werden, da hab ich keinen Zweifel. Heute Nachmittag schaut Tante Silvia zu Luana, so dass Mami wieder känguruhen kommen kann. Was ich noch nicht ganz verstehe: Warum sagt Luana Gotti zu ihr und warum muss ich sie mit Tante Silvia ansprechen? Komisch. Wir sind doch Geschwister. Da sollte für uns beide doch dasselbe gelten. Die Welt ist kompliziert. |
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18.5. 27+4 SSW |
Schon bald bin ich zwei Wochen alt, und immer noch mach ich mich sehr gut. Natürlich hab ich ab und zu meine Atemaussetzer bis hin zu den Pulsabfällen, aber von so einem Kleinen wie mich darf man nicht zu viel verlangen. Allerdings ist meine Haut nach wie vor ziemlich rot. Auf den Fotos sehe ich dadurch ziemlich rosig aus. Die Ärzte reden nun wieder davon, dass ich einen Hautpilz haben könnte und zupfen mir deswegen etwas Blut ab für eine genaue Untersuchung. Es ist genau so, wie es vor einigen Tagen mal ein Kinderarzt gesagt hat: Bei uns Kleinen geht es nach zwei Schritten vorwärts immer wieder einen Schritt zurück. Da halt ich mich ganz genau dran. Heute kamen mich Mami und Luana zusammen mit Papi besuchen. Da Papi arbeiten muss, kann er mich nicht so häufig besuchen. Um so mehr geniesse ich die Zeit, wenn er bei mir ist. Auf dem Heimweg ging Papi dann zu Fuss, währenddessen Mami und Luana mit dem Bus fuhren. Luana mag noch nicht so weit laufen, das kann ich gut nachvollziehen. Ist doch ne ganze Strecke entlang einer viel befahrenen Strasse. Kaum waren die beiden aus dem Bus gestiegen, als Luana keinen Schritt mehr laufen wollte. Die Schuhe machten ihr weh, meine Schwester war wieder ein Stück gewachsen. Da hat die Mami sie dann gleich nach Hause getragen und sich fest vorgenommen, in den nächsten Tagen neues Schuhwerk zu kaufen. Auch Luana braucht ihren Unterhalt – Mami kann nicht die ganze Zeit nur bei mir verbringen. |
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