meine Mami spricht | 4. Monat
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13.8.2003 | Heute lass ich mal meinen Jungen sprechen: Heute vor 100 Tagen kam ich voller Neugier auf die Welt. Ganze 33 cm gross war ich, brachte 780 g auf die Waage und hatte einen Kopfumfang von 23 cm. Die Statistiken gaben mir eine Überlebenschance von 70 - 80% und eine Wahrscheinlichkeit von 20 - 30%, dass ich eine bleibende Behinderung davon tragen würde. Alles in allem hab ich mich doch gaaaanz gut gemacht und alle Statistiken Lügen gestraft! Ich hatte Pilze auf der Haut, einen Infekt am Arm und später auch in der Brust, eine Blasenentzündung, eine kritische Situation im Alter von 5 Wochen wo ich wieder beatmet werden musste, eine chronische Lungenkrankheit und die typischen Atemnotsyndrome der Frühgeborenen. Doch das ist jetzt alles Schnee von gestern. Ab heute bin ich ein grosser Junge, denn heute wäre mein eigentlicher Geburtstermin. Nun bin ich 44,5 cm gross (klein), wiege 2950 g und habe einen Kopfumfang von 32,5 cm. Ich mach mich eigentlich ganz gut, nur bring ichs mit dem Trinken noch nicht so ganz auf die Reihe. Wie geht denn das, Trinken und gleichzeitig auch Atmen? Das begreif ich noch nicht so ganz und so lass ich halt ab und zu das Atmen sein und werde ganz bleich im Gesicht. Und weil ich das Trinken sooooo anstrengend finde, schaff ich nur etwa die Hälfte des Schoppens und bekomm den Rest dann direkt via Sonde in den Magen geleitet. Aber auch das werd ich eines schönen Tages ablegen können, das letzte verbliebene Schläuchlein an mir! Nun, da brennt mir doch noch was auf der Zunge: Ja ja ja ja ja ja jaaaaaaaa, am Freitag darf ich nun endlich nach Hause kommen! Ich weiss zwar gar nicht recht, was das ist, aber es muss was Schönes sein, denn meine Mami freut sich ganz toll. Sie ist schon richtig hibbelig und eilt in der Wohnung hin und her. Etwas Kleines könnt ihr aber doch noch für mich tun: In den nächsten Tagen hab ich noch mal eine Kontrolle beim Augenarzt. Er war das letzte Mal noch nicht so ganz mit mir zufrieden und will mich unbedingt noch mal sehen. Da wird doch schon alles gut sein?!?!?! Die Augen reifen häufig erst beim ET aus, also muss dies jetzt einfach hinhauen! Drückt mir bitte die Daumen, ja?
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29.8.2003 | Heute mal ein paar Gedanken zu meinem neuen Leben als Mutter zweier Kinder. Wiederholt hab ich von Neumamis die erstaunte Frage gehört, wie wir Mehrfachmamis alles mit mehr als einem Kind meistern würden? Das ganze ist eine Frage des Organisierens, der Einstellung und der Routine denk ich mal. Organisieren: Es gibt so viel zu tun, dass man doch ganz gut ein paar Dinge gleichzeitig machen kann. Zum Beispiel Milch abpumpen, ein Sandwich essen, Zeitung lesen, das Baby im Babysitter mit dem Fuss wippen und ein Auge auf die grosse Schwester werfen geht doch wunderbar gleichzeitig :-) Und man kann ebensogut noch schnell der Schwester telefonieren, damit auch dies erledigt ist. Einfallsreichtum ist hier gefragt. Einstellung: Ich setz mich nicht mehr unter den Druck, alles alleine und perfekt machen zu müssen. Das heisst: Dreimal in der Woche darf Luana tagsüber zu meinen Eltern und das tut sowohl ihnen als auch mir gut! Und auch meine Schwester darf mich so viel sie will besuchen und kriegt dann gleich den Kleinen (zum schöppelen oder kuscheln) in den Arm gedrückt. Und perfekt muss ich schon gar nicht sein (obwohl ich doch immer einen Hang dazu habe). Ich gestehe, dass meine Wohnung nur noch ein Saustall ist und die Wäsche schon seit Monaten (!!!) nicht mehr gebügelt wurde. Mein Mann läuft nun in Hemden herum, welche er in der hintersten Ecke des Kleiderschrankes gefunden hat und welche ich in den vergangenen 10 Jahren noch nie gesehen habe! Letzte Woche nun hatte ich ein Einsehen und habe eine Haushaltshilfe eingestellt, welche mir einmal die Woche für 2 - 3 Stunden aushilft. Und nun macht auch das Wohnen hier wieder so richtig Spass (wenn man wieder die Originalfarbe des Bodens in der Küche ausmachen kann!). Das Gute daran: Diese Haushaltshilfe wird mir sogar bezahlt! Da ich wegen Remo einen Zusatzaufwand habe, werden mir pro Monat ca. 150 Euros bezahlt. Das Lustige daran: Mit Remo hab ich ehrlich gesagt bedeutend weniger zu tun als mit Luana als Baby. Remo ist lieb und brav und schläft die allermeiste Zeit. Luana hingegen war schon als Baby ein Wirbelwind. Ich konnte sie keine Minute ablegen. Immer musste ich sie in den Armen halten und herumlaufen mit ihr; sie musste ständig in Bewegung sein. Einkaufen mit ihr war der reinste Horror.... Das Mittagessen wurde nur selten vor 17 Uhr abgewaschen und Bügeln war sowieso ein Fremdwort für mich. Routine: Für die Erstlingsmamis ist dies alles eine total neue Welt verbunden mit einer sehr grossen Unsicherheit. Mach ich alles richtig? Weshalb weint mein Baby? Hat es warm genug? Kriegt es genug zu trinken? Entwickelt es sich zeitgemäss? Da gibt es sooo viele Fragen, so viel Neuland. Als Zweifachmutter behalt ich viel eher die Nerven. Viele Wege führen nach Rom und einen davon werde auch ich beschreiten. Es muss nicht der Kürzeste und Schnellste sein. Auf meinem Weg werden sicher einige Hindernisse zu überwinden sein, aber schlussendlich werden auch wir mal ans Ziel kommen und unser Baby gross ziehen. Da lass ich gerne mal den Fünfer gerade sein. |
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