Da bin ich nun, endlich zu Hause. Aber eigentlich fühl ich mich da nicht so wirklich zu Hause. Ich kenn ja überhaupt noch nichts. Hier soll ich wohnen? Wo sind denn hier die vielen Leute in den weissen Kitteln, die tagaus tagein mein bisheriges Leben dominiert haben? Und wo sind denn die vielen piependen Maschinen die mich auch ständig eskortiert haben? Aber immerhin, Mama ist da. Und Papa auch zwischendurch. Er muss öfter mal arbeiten gehen. Was das genau ist, werden sie mir bestimmt eines schönen Tages auch noch erklären.

Aber eigentlich, so schlecht ist es hier gar nicht. Meine Mama ist jetzt immer bei mir, Tag und Nacht! Kenn ich noch gar nicht, aber hab ich überhaupt nichts dagegen. Also könnte es doch noch ein schönes Leben geben. Eigentlich dachte ich schon, ich würde immer und ewig im Spital bleiben.

Aber so ganz gut ist doch noch nicht alles. Die doofe Magensonde trag ich immer noch, da muss ich mich doch immer an die Zeit im Spital erinnern. Ich weiss, ich habe eine Trinkschwäche. Hab irgendwie nicht so viel Kraft, um alles in einem Zug zu leeren und verschluck mich schon noch ab und zu. Aber Übung macht den Meister, nicht?! Meine Mama und mein Papa möchten die Magensonde am liebsten so schnell wie möglich los werden, das merk ich genau. Denn sie haben irgendwie doch ihre Probleme damit, und ich sowieso. Meine Hände sind ja so flink, und wehe, ich krieg das Schläuchlein in meine Hände! Aber was ist denn das? Meine Lieben haben meine Gedanken wohl durchschaut. Da haben die mir doch einfach einen Kratzhandschuh angezogen, damit ich nicht zu sehr an dem Kabel ziehe. Wie soll ich das Ding denn sonst los werden???

Ja ja, die Sonde. Schlussendlich blieb die doch nur ganze 6 Tage bei mir. Denn erstens trink ich nämlich doch nicht sooooo schlecht wie man meinen könnte. Zwar immer seeeehr knapp, aber ich hab ja doch ein wenig Babyspeck angesetzt und fall nicht gleich ab dem Hocker, wenn ich mal einen Tag lang ein bisschen weniger als sonst trinke. Und zweitens stresste die Sonde meine Eltern noch viel mehr als mich. Sie hatten ihre liebe Mühe mit den Kleberchen, die die Magensonde an meinem Näschen und meiner Wange fixieren sollte. Die Kleber im Spital hielten immer problemlos tagelang. Nun zu Hause wollte es nicht mehr so richtig klappen. Mehrmals täglich musste mir die Mami neuen Herzlein oder andere Motive ausschneiden. Und ab und zu zog ich mir dann doch die ganze Sonde dabei gleich raus, obwohl Papi auch immer dabei war und mich mit allen Mitteln fest hielt. Nein, so konnte dies auf Dauer nicht gut gehen. Gestresste Eltern und mich schlussendlich dazu. Da hab ich mich mit dem Trinken ein bisschen mehr angestrengt, so dass wir dieses Thema endgültig hinter uns bringen konnten. Ich trink zwar immer seeeeehr seeeeeehr langsam, und eigentlich doch nicht allzu viel. Wenn ich mich mal besonders anstrengte, dann waren es 50 ml auf einmal. Wie auch immer, es sollte genügen, so viel wie ich jetzt neu trinke. Es reicht aus, und ich bin mein allerletztes Schläuchlein los geworden. Nun unterscheidet mich rein äusserlich nichts mehr von einem termingeborenen Baby. Nur das Alter irritiert die Leute ein wenig. Ich seh aus wie ein neugeborenes Baby, was ich ja jetzt theoretisch auch wäre, nur soll ich angeblich schon 3 Monate alt sein? Meine Mami verstand ja auch selber immer, dass die Leute irritiert waren und wollte nicht gleich allen meine Memoiren unter die Nase reiben. So beantwortete sie die Frage nach meinem Alter nur noch mit meinem korrigierten Alter. Ich war jetzt also gerade mal ein neugeborenes Babylein!

Nur etwas hab ich den Neugeborenen voraus: Ich kann jetzt neu schon Sachen fixieren. Das Mobile über dem Wickeltisch mit der tollen Musik dazu muss ich schon immer genau beobachten. Da tut und dreht sich alles. Spannend, ich finds spannend.

Und sonst? Mir gehts hier bei meinen Lieben einfach nur gut. Oder zumindest fast. Meine Verdauung bietet mir ab und zu noch etwas Probleme, und so kann ich schnell mal Einschlafprobleme haben. Mein Papi ist die ersten Nächte sogar aus unserem Schlafzimmer ausgezogen. Da er am Morgen häufig sehr sehr früh aufstehen muss, will er in der Nacht nicht gross gestört werden. Ich steh ja noch viel früher auf als er, aber ich schlaf dann wieder ein, und tue dies mehr oder weniger fast den ganzen Tag lang
:-). Und nun nächtigt mein Papi also auf dem Bettsofa im Büro nebenan. Ist mir eigentlich auch recht. Da muss ich kein schlechtes Gewissen habe, wenn ich alle paar Stunden wieder Radau mache. Wobei mit meiner kranken Lunge bin ich wesentlich leiser als die allermeisten Babies. So schlecht habens da meine Eltern doch wieder nicht.

Nun muss ich doch noch ein paar Worte über meine grosse Schwester verlieren. Eigentlich weiss ich nicht so recht, was ich von ihr halten soll. Ich bin mir nicht so ganz sicher, ob sie mich nun mag oder nicht. Es ist so wiedersprüchlich :-(. Sie freut sich ganz toll über meine Heimkehr. Jedenfalls kommentiert sie bei einem Spaziergang immer alles, was sie sieht, wie zum Beispiel: "Gäu Remo, Änte go luege" was so viel heisst wie "Gell Remo, Enten schauen gehen". Das interessiert mich natürlich immer brennend, was die grosse Welt so alles zu bieten hat und da bin ich schon froh, wenn mir jemand was erklärt :-). Aber eben, die Luana kann auch anders. Ich häng recht oft bei Mami rum, wenn ich nicht gerade am schlafen bin. Das Schöppelen braucht einfach seine Zeit, so schnell geht das bei mir nicht. Ist gut möglich, dass ich dreiviertel Stunden lang am Schoppen hänge. Dann muss ich auch ab und zu gewickelt werden, brauch am Abend auch schon mal eine Massage, wenn die Verdauung verrückt spielt. Alles Sachen, die andere Babys auch benötigen. Doch meine grosse Schwester will nicht zu kurz kommen und stellt sich ab und zu ein wenig quer, damit sie auch genügend Beachtung findet. Mal schauen, wie das so wird mit uns beiden. Das muss sich ja geben, bei allen anderen gings doch auch?! Da wollen wir mal abwarten und weiter brav Schoppen trinken (Tee geht ja noch nicht).

< 4. Monat